Quellschwemmkegel

Quellschwemmkegel

Auszug aus dem Recherche-Werk „Die Alme“ von Anton Bielemeier  (Ortschroniker 2001 – 2012)


Zwei Phänomene der Almeaue in der Gemarkung unseres Ortes haben die beiden Wissenschaftler Professor Wolfgang Feige und Professor Wilhelm Müller-Wille besonders in ihre Forschungen und in die daraus entstandenen Expertisen einbezogen:
– Die Quellen als Quickspringe bzw. als Quellschwemmkegel
– Die Schwalgen
 
Die Quellen
Die Quellschwemmkegel: Diese Art der Quellenform kommt landesweit einzigartig als geologische Besonderheit auf der Paderborner Hochfläche bzw. am Rand dieser Landschaft vor. Sie sind eine jener typischen Karsterscheinungen, die durch den porösen Untergrund des Cenoman- und des Turonmergels ursächlich ihren Nachweis finden.
Ein Quellschwemmkegel entsteht durch von den Niederschlägen eingeschwemmtes Verwitterungsgestein bzw. durch von Regenwasser abgetragenes Erdreich. Beides wird bei ergiebigen Niederschlagsphasen in die Dolinen und Erdspalten auf der Paderborner Hochfläche eingespült. Kommt das Sickerwasser in den Tälwern wieder an die Erdoberfläche, so setzen sich die Schwebmaterialien kreisförmig um die Öffnung der Quelle.
Das Gras an deren Quellrändern durchwächst die Aufschüttungen und erhöht das abgelagerte Feingeröll- / Erdgemisch schließlich zu einer Kegelform. Quellschwemmkegel haben sich seit dem Ende der Jungsteinzeit (vor etwas 100.000 Jahren) lediglich auf Wiesenflächen gebildet. Ein Vorkommen dieser Quellform in Waldgebieten konnte bisher nicht nachgewiesen werden.
Im Bereich der Paderborner Hochfläche wurden insgesamt 17 Quellschwemmkegel gezählt. Der größte von ihnen liegt im Mental bei Henglarn. Im Durchschnitt hat ein Quellschwemmkegel folgende Ausmaße: Bei einer senkrechten Messung beträgt die Höhe von der Quellsohle bis zum Kegelrand ca. 2 bis 3 Meter, der Durchmesser bis zu 8 Meter. Allerdings weist der große Quellschwemmkegel im Mental einen Durchmesser von annähernd 90 Metern auf. Teilweise sind diese seltenen Geotope durch Wegebau, durch Einebnungen und durch Drainagen beseitigt und damit zerstört worden.
Erst 1955 entdeckten Schüler des Mauritius-Gymnasiums Büren im Rahmen eines Projekts zur Beobachtung der Alme diese außergewöhnliche Quellform in der Talaue unter dem \Wiesberg. Das Phänomen dieser markanten Form der drei „Kegel“ beschreibt Professor Wolfgang Feige in anschaulicher Weise. Seine Textfassung aus dem Buch „Talentwicklung und Verkarstung im Kreidegebiet der Alme“ ist im Internetportal „Quellschwemmkegel auf der Paderborner Hochfläche – LWL“ nachzulesen.
„Die größte und zugleich am besten erhaltene Quellschwemmkegelgruppe befindet sich in Salzkotten-Niederntudorf. Hier liegen unterhalb des Steinbruchs Stelbrink in der Talaue der Alme vier große QSK und wenig östlich davon drei weitere, im Sommer kaum wahrnehmbare kleinere Hügel, die sich aber im Winter durch ihr frisches Gras aus der Umgebung klar abheben. Die vier großen, bis zu 2 m hohen Kegel liegen in einer NNW – SSE gerichteten Reihe und sind zu einem flachen Sedimentrücken zusammen gewachsen. Der nördlichste Kegel ist als Hügel ausgebildet. Er ist nicht mehr aktiv und besitzt deshalb auch keine Quellöffnung mehr. Die drei anderen QSK weisen bis zu 2,5m tiefe Trichter auf, in denen in feuchten Jahreszeiten das Karstwasser langsam ansteigt, bis es schließlich überfließt und sich einen Weg zur Alme sucht. Dabei wechselt die Fließrichtung von Zeit zu Zeit, wenn das Wasser sich durch seine Schwebstoffe den bisherigen Weg verbaut. So floss der südlichste OSK bis zum Jahre 2005 ganz überwiegend nach Westen, im Jahre 2006 abernach Osten ab. Ein Teil des Wassers versickert oder verdunstet bereits, bevor es die Alme erreicht. An seiner Einmündung (nach dem Zusammenfluss aller drei Quellen) wurden maximal 25 Liter pro Sekunde gemessen.
Die Tudorfer QSK fließen im Mittel etwas mehr als sechs Monate im Jahr und damit entsprechend ihrer geringen Höhenlage erheblich länger als der große QSK im Mental (212 müNN, vier Monate im Jahr). Noch länger fließen die 142 m hoch liegenden QSK zwischen Tudorf und Alfen, nämlich 10 — 11 Monate im Jahr. In den Monaten Februar und März — also gegen Ende des Hydrologischen Winterhalbjahres – fließen alle Quellschwemmkegel nahezu immer.”
Die Quickspringe: In den Talauen der Alme, also am Rand der großen Karstlandschaft, befinden sich Quellen oder auch Quellsysteme, die zumeist in den Sommermonaten aber auch nach längeren niederschlagsarmen Zeiten versiegen. Im Paderborner Land hat man diesen Quellen die Bezeichnung „Quickspringe“ gegeben.
Übrigens: In Süddeutschland werden Quellen gleicher oder ähnlicher Ursprungsart „Hungerbrunnen“ genannt. Diese von den Menschen en dort so gewählte Bezeichnung lässt die Deutung zu, dass bei Versiegen der Quelle die Wasserversorgung nicht länger gewährleistet war und so Menschen, Tiere und Vegetation ohne das lebensnotwendige Wasser dieses Ursprungs auskommen mussten.
 
‚„Quickspringe bilden häufig Quellgruppen.“ (W. Feige). So finden sich im  Niederntudorfer Almetal sowohl Einzelquellen wie aber ‚auch eben jene  Quellgruppen. In den Aspekten Lage und Ursprung weisen beide Arten natürliche Gemeinsamkeiten auf. Infolge des Einschnitts der Alme in die Kreideschichten befinden sich nahezu alle Quellen auf dem rechten südöstlichen Talhang.
Im oberen Flussabschnitt — etwa bis zur Mühle Jürgens — sind es zumeist Einzelquellen am Fuße des Scheids, des Stockesberges und des Müllmersberges. Im Bereich des Wiesberges (Stelle der Quellschwemmkegel), des Trütkenberges und Unterm Born liegen jene Quellgruppen, von denen Professor Feige insgesamt 27 herausgefunden hat.
Markant unter all diesen Quellen ist der Quickspring am Fuße des Trütkenberges, der un-mittelbar an dem Waldweg, der parallel zur Alme verläuft, liegt. Dieser Quickspring führt am längsten und am ergiebigsten von allen Quellen Wasser. Nach langen Regenphasen oder nach plötzlich einsetzender Schneeschmelze hat man eine Schüttung von mehr als 100 Litern pro Sekunde gemessen.
Alle diese nur temporär fließenden Quellen hatten und haben für die Wasserversorgung unseres Ortes zu keiner Zeit eine Bedeutung erlangt. Zum einen versiegen sie in niederschlagsarmen Zeiträumen sehr schnell. Zum anderen führen sie während der Fließzeiten zumeist sehr trübes Wasser, das kaum eine Nutzung für Mensch und Vieh gestattet. Für den Gebrauch als Bewässerung der anliegenden Wiesenflächen kam ihr Wasser ebenfalls kaum in Betracht. Im Gegenteil: Zumeist durchfeuchteten die Quellschüttungen auf ihrem Weg zur Alme die Wiesen so sehr, dass sie sich weder als Viehweide noch für schnelleres Graswachstum eigneten.
 
Die Schwalgen oder Schwalglöcher
Das Phänomen des Trockenfallens unseres heimischen Flusses ist vornehmlich dem Aspekt „Trockenzeiten“ zugeordnet.
Die Schulchronik von Niederntudorf gewährleistet hier einen eindrucksvollen Einstieg in die Thematik. Darin findet sich folgende Eintragung aus dem Jahr 1895: „Seit Jahrzehnten bemerken die an der Alme liegenden Dörfer, besonders Niederntudorf, eine zunehmende Wasserabnahme der Alme. 1892 und 1893  konnte man das Bett des Flusses ca. 6 Monate als Promenade benutzen.
 
Ältere Leute wollen diese Erscheinung vor etwa 1858 nicht gekannt haben. Als Ursache dieser Wasserabnahme erkannte man die vielen Spalten und Schwalglöcher im Almebett, besonders seitdem das Almebett um 1830 unterhalb von Brenken an den spaltenreichen Nordhang des Almetales verlegt wurde.“
Der Geologe Heinrich Bode, der den Flusslauf intensiv untersuchte, stellte im Mittellauf der Alme vier „Flussstrecken“ fest, in denen die Schwalgen besonders zahlreich und mit beträchtlichen Einlauföffnungen vorkommen. Diese Flussstrecken sind:
bei der Sägemühle unterhalb Erpernburg
an der Grenze zwischen Ahden und Wewelsburg
zwischen den beiden Mühlen in Wewelsburg
im Bereich der ehemaligen Eisenbahnbrücke zwischen Wewelsburg und Niederntudorf
H. Bode führt diese besonders ausgeprägten Versickerungszonen auf „größere Querstörungen mit Kluftsystemen““ zurück.
 
Während weitere „kleinere“ Schwalgen im gesamten Flusslauf zwischen Alfen und Büren zu finden sind, hat H. Bode in der Talaue unseres Dorfes insgesamt 18 Schwalglöcher nachgewiesen. Die Untersuchungen von H. Bode finden ihre Bestätigung in der Tatsache, dass die Alme häufig an der Lohbrücke länger Wasser führt als an der Stellbrücke. Bemerkenswert in diesem Kontext der Versickerungen und des erneut zu Tage tretenden Fließwassers ist die Besonderheit, dass in Trockenzeiten, wenn das Flussbett zwischen Ahden und Borchen — Einmündung der Altenau — ausgetrocknet ist, der Fluss etwa 250 Meter oberhalb der Alfener Brücke plötzlich wieder Wasser führt.
Als mögliche Erklärung nennt H. Bode das Vorkommen von unterirdischen Wasseradern, die von der Hochfläche in die Westfälische Bucht verlaufen. Auffallend ist deren Fließrichtung. Sie verlaufen nicht parallel zur Alme, sondern schneiden und unterqueren sie. Eine dieser Wasseradern mit offensichtlich starker Wasserführung zieht von der Hochfläche an Niederntudorf vorbei und unterquert die Alme im Bereich des Betriebsgeländes der Firma Torwesten im Bockel. Der Nachweis allerdings, dass eine derartige Wasserader vor Alfen zu Tage tritt und das Flussbett wieder mit Wasser versorgt, konnte auch von dem Geologen H. Bode nicht erbracht werden.

Mehr Infos vom LWL:

Quellschwemmkegel in Niederntudorf
Foto: Witold Grzesiek
Trockene Quellschwemmkegel
Schild Quellschwemmkegel